Goldene Regel oder Goldener Schnitt

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hoerbi
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Goldene Regel oder Goldener Schnitt

Beitrag von hoerbi » Do 28. Feb 2019, 21:14

Hallo Schnitzfreunde,

mit diesem Beitrag möchte ich einmal etwas Theorie um die Praxis des Schnitzens bringen.
Allgemein findet das menschliche Auge Gegenstände schön oder eben hässlich.
Der Grund hierfür liegt im Empfinden des einzelnen. Wenn beispielsweise etwas schön ist, passt alles harmonisch zusammen, so das der Gegenstand als Ganzes von uns als schön empfunden wird.
Hierzu haben sich ganz schlaue Kopfe Gedanken gemacht, um dieses Empfinden in eine Formel zu packen. Ich rede hier von der „goldenen Regel“, die bereits in der Antike Verwendung fand. Ob nun unsere Kirchen oder das Kolosseum in Rom, überall ist diese Regel zu finden.
In der Schnitzerei wird diese Regel auch als „goldener Schnitz bezeichnet. Hierbei berufe ich mich auf die Aussagen des Herrn Koch.
Es sind zwei wichtige Werte für eine Berechnung notwendig.

Um einen nächst größeren Wert zu ermitteln wird der Wert von 1,33 mit X multipliziert und um den nächst kleineren Wert zu berechnen, multipliziert man X mit dem Wert 0,75.
Eigentlich ganz einfach.
Ein Beispiel, das sich auf das Schnitzen bezieht:

Eine Figur soll 18 cm hoch werden. Um nun die Schulterbreite zu ermitteln benötigt man den nächst kleineren Wert.
Dazu teile ich zunächst diese 18 cm in drei Bereiche und erhalte 3 Strecken von je 6 cm.
Nun multipliziere ich den Wert 6cm x 0,75, und erhalte den kleineren Wert von 4,5 cm.

Jetzt habe ich die Maße für das Rechteck mit einer Höhe von 6 cm und einer Breite von 4,5 cm.
Wenn ich drei dieser gleich große Rechtecke übereinander setze habe ich exakt die Höhe von 18 cm und die Breite von 4,5 cm.

Genau in dieses große Rechteck passt nun ein kompletter Mensch hinein, und ich kann sagen die Figur ist 18 cm groß und hat eine Schulterbreite von 4,5 cm.

Selbstverständlich ist es auch möglich, 2 x die Kopflänge ergibt die Schulterbreite, doch dieses Maß ist ungenau, wenn es darum geht, kleine Figuren zu schnitzen.

Umgekehrt geht es natürlich auch.
Ich habe eine Breite von 7 cm und suche das nächst größere Maß.
Das sähe wie folgt aus: 7 cm x 1,33 = 9,31 aufgerundet 9,3 cm.

Ein Rechteck mit einer Höhe von 9,3 und einer breite von 7 cm
Nachdem ich drei dieser Rechteck übereinander gesetzt habe, erhalte ich eine Höhe von 28 cm.

Zu guter letzt noch ein Beispiel: Nach einer achtel Teilung erhalte ich eine Kopflänge, von 2,5 cm für meine Figur. 2,5 x 0,75= 1,88 = 1,9. Somit habe ich die Kopfbreite nach dem goldenen Schnitt ermittelt.


Nun kann sich jeder der sich dafür interessiert, seine Gedanken dazu machen oder diesen Beitrag kommentieren. ;)
Mit besten Grüßen aus dem Gebirge
Herbert
(Co Admin)
https://www.youtube.com/@Holzschnitzen-hr
Hans

Re: Goldene Regel oder Goldener Schnitt

Beitrag von Hans » Fr 1. Mär 2019, 06:41

Hallo Herbert ,

und das auf den nüchternen Magen um 6 Uhr in der Frühe , na - da muß ich erst mal das Frühstück herrichten ,
dann werde ich mir das mal so richtig in die grauen Zellen eintrichtern .
Das ist ja schon eine hochwissenschaftliche Arbeit ;) .
Dieses Maß gilt aber sicherlich für den Standart- Menschen ? - ich wundere mich schon lange , eigentlich seit Jahren schon, daß es so viele - sage ich mal salopp - Menschen gibt , die scheinbar die Chiptüte, sowie die Schokolade , nicht mehr aus den Händen bekommen , da müßte man das Holz schon wesentlich breiter ansetzen , zum Nachschnitzen .

Grüße an alle , vom ... Hans aus Franken ( am Faschingsfreitag )
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Hubert
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Re: Goldene Regel oder Goldener Schnitt

Beitrag von Hubert » Fr 1. Mär 2019, 10:46

Hallo Herbert,
das mit den Faktoren 0,75 und 1,33 ist ja spannend, gilt das neben der Kopf- und Körpergröße auch für andere Körpermaße? Die "alten Meister" müssen hier ganz schön getüfftelt haben, bis sie das raus hatten. Gibt es solche Regeln auch für Ober-/Unterarm, Ober-/Unterschenkel?

Vielen Dank und viele Grüße,
Hubert
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hoerbi
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Re: Goldene Regel oder Goldener Schnitt

Beitrag von hoerbi » So 3. Mär 2019, 14:49

Hallo Hubert,

für den Menschen gelten im allgemeinen andere Berechnungen. Der Beitrag soll lediglich eine Anregung zum nachdenken sein, was von uns Menschen beim Anblick eines Gegenstandes als Schön empfunden wird.
Beim Menschen ganz gleich wie groß diese sind, kannst du z.B. immer für gesamte Armlänge bis Fingerspitzen die hälfte Oberschenkel rechnen. Die Handlänge entspricht dann einer Gesichtslänge, nicht zu verwechseln mit der Kopflänge.
Auch bei der Schulterbreite des Menschen gibt es Abweichungen, so das die Schulter des Mannes 2 bis 2 ½ Zehntel betragen kann. Hingegen beträgt die Schulterbreite der Frau max 2 Zehntel und auch das Becken der Frau entspricht der Schulterbreite. Für die Beine brauchst du 2 Zehntel für den Oberschenkel und zwei Zehntel für den Unterschenkel.
Wie Hans schon schreibt, gibt es Leute die nur von ungesunder Ernährung leben, und somit fallen diese Leute uns Schnitzern auch besonders auf, da wir so etwas nicht als schön empfinden, denn wir versuchen immer Leute zu schnitzen die schlank und wohl proportioniert sind.
Wenn man jedoch diese Regel auf die Architektur anwendet, so ist es einfacher diese Regel zu verstehen.
Nimm ein Fenster, es Steht dir das Maß 85 cm zur Verfügung. Für das nächst größere Maß X 1,33. somit erhält du eine Fensterhöhe von 1,13 m oder das Fenster kann auch 85 X 0,75 sein und somit ist das Fenster nur 64 cm, als ein Fenster mit 85 x 64 cm.
Mit besten Grüßen aus dem Gebirge
Herbert
(Co Admin)
https://www.youtube.com/@Holzschnitzen-hr
Stef

Re: Goldene Regel oder Goldener Schnitt

Beitrag von Stef » Mi 13. Mär 2019, 10:12

Hallo Schnitzfreundinnen und Schnitzfreunde,

vielen Dank für diesen spannenden Beitrag.

Ich würde gerne meine eigenen Überlegungen zur Seite stellen:
Das Empfinden darüber, was "schön" und "nicht schön" ist, unterliegt dem Zeitgeist und dem kulturellen Hintergrund. So gab und gibt es Kulturen, die für uns "dicke" Menschen als schön und als Ideal betrachten.
Zum Thema "goldener Schnitt/Schnitz": bei mir persönlich ist es häufig so, dass Figuren, die diesem Optimum genügen, mir als "zu glatt" erscheinen. Gefällig, ja, aber nicht unbedingt interessant - da gleitet mein Auge ab. Das, was Typen oder Charaktere ausmacht, ist ja die Abweichung vom Ideal, die Unvollkommenheit(en).
Ebenso können junge Gesichter/Menschen hübsch sein - wirklich interessant aber finde ich die älteren, da wo das Leben bereits seine Spuren hinterlassen hat.
Soviel zu meiner Philosophie, die auch mein Kunstverständnis prägen (wo meine schnitzerischen Fähigkeiten aber noch meilenweit davon entfernt sind).

Viele Grüße
Stef
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